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Biofeedback

Biofeedback ist ein verhaltenstherapeutischer Behandlungsansatz, der zu den Selbstregulationsmethoden gehört.

Das Neurofeedback ist eine spezifische Variante des Biofeedbacks.


Biofeedback wurde in die Leitlinien einer somatischer und psychischer Störungen aufgenommen wie z.B.


  • Kopfschmerzen vom Spannungstyp


  • Chronischer Rückenschmerz


  • ADHS






Methode


Biofeedback stellt eine Methode dar, die es einer person ermöglicht, Selbstkontrolle über körperliche vorgänge zu erlernen. Beim Biofeedback werden körperliche Prozesse gemessen und dem patienten als wahrnehmbares Signal zurückgemeldet.


A:  Gerät für Bio- und Neurofeedback | B: HLW und Temperatur-Sensor | C: EKG/ EMG und Atemgurt
A: Gerät für Bio- und Neurofeedback | B: HLW und Temperatur-Sensor | C: EKG/ EMG und Atemgurt

Zu den zurückgemeldeten Signalen zählen autonome Maße wie


  • Hauttemperatur


  • Herzfrequenz


  • Blutdruck


  • Elektrodermale Aktivität


  • elektromyografische Signale (EMG)



Über diese Feedbackanordnung wird wiederholt sichtbar gemacht, wenn eine Änderung im Verhalten oder Erleben einer Person eine Veränderung in den Biosignalen und damit der gemessenene körperlichen Aktivität bewirkt.


Klienten können so die Wirksamkeit eigener Strategien zur Veränderung nachvollziehen und so Kontrolle über die Körperaktivität erwerben. Die Kontrolle über körperliche bzw. physiologische Funktionen wird zunächst mithilfe des zurückgemeldeten Signals erworben. Ziel ist es jedoch, dass die Person diese Selbstkontrolle auch ohne das Feedback und ohne externe Instrumente ausüben bzw. aufrechterhalten kann.



Therapeutenbildschirm mit den Signalen | Patientenbildschirm mit z.B. Entspannungsvideo


Indikationsbereiche für Biofeedback


  • Bruximus


  • Chronische Schmerzsyndrome


  • Depressive Symptomatik


  • Essentielle Hypertonie


  • M. Raynaud


  • Migräne


  • Schlaganfall


  • Somatische Belastungsstörungen/Somatoforme Störung


  • Tinnitus


Bei einigen dieser Anwendungsgebiete stellt Biofeedback eine wesentliche Intervention im Rahmen der Behandlung dar, bei anderen Indikationsbereichen ist Biofeedback Teil eines multimodalen Therapiekonzepts.


Übersicht eines Vasokonstriktionsprotokolls zum Training bei Kopfschmerzen
Übersicht eines Vasokonstriktionsprotokolls zum Training bei Kopfschmerzen

Parameter des Biofeedbacks



Hauttemperatur


Temperatur
Temperatur
Wie funktioniert das Temperaturfeedback?

Die Temperatur der Hände kann ganz einfach mit einem Fingersensor gemessen werden. Sie hängt davon ab, wie weit sich die Blutgefäße in den Armen und Beinen öffnen. Wenn wir entspannt sind, lockern sich auch die Muskeln in den Gefäßen, was oft dazu führt, dass wir ein warmes Gefühl in den Händen verspüren. Hält dieser entspannte Zustand länger an, zum Beispiel für eine halbe Stunde während einer Tiefenentspannung, geben die erweiterten Gefäße mehr Wärme an die Umgebung ab, und das kann dazu führen, dass einem kalt wird. Deshalb ist es ratsam, die Klienten während längerer Entspannungsübungen zuzudecken. Bei der Messung der Handtemperatur bedeutet das, dass Entspannung häufig mit einer Erhöhung der Temperatur an den Fingerspitzen verbunden ist. Wenn die Umgebungstemperatur jedoch niedrig ist, kann die Handtemperatur trotz zunehmender Entspannung langsam sinken.


Temperaturfeedback

Wenn wir gestresst sind, ziehen sich die Blutgefäße zusammen, und die verminderten Blutfluss führen oft zu einer Senkung der Fingertemperatur. Im Gegensatz zu Veränderungen des Hautleitwerts, die sofort nach einer Stressreaktion auftreten, zeigt die Handtemperatur meistens eine Verzögerung von 1-2 Minuten. Mit Hilfe von Biofeedback, also der Rückmeldung über die aktuelle Temperaturveränderung, kann man die Fingertemperatur aktiv beeinflussen. Patienten probieren oft verschiedene Strategien aus, um sich zu wärmen: Sie stellen sich vor, sie liegen in der Sonne, genießen eine heiße Dusche oder halten eine warme Tasse Tee in der Hand. Bei Kälte denken sie möglicherweise an kaltes Wasser oder eine Schneeballschlacht. Manche schaffen das ziemlich gut. Die meisten Menschen jedoch können ihre Temperatur am besten ändern, wenn sie sich nicht zu sehr anstrengen, sondern einfach auf die Rückmeldungen (akustisch oder visuell) achten. Biofeedbacktherapeuten nennen dies den „sanften Willen“, was bedeutet, dass man eine sanfte Absicht hat und es dem Unterbewusstsein überlässt, die gewünschte Veränderung herbeizuführen.


Anwendungsgebiete des Temperaturfeedbacks

Das Feedback zur Hauttemperatur und zum Hautleitwert kann jede Art von Entspannungstraining unterstützen. In autogenen Trainingskursen messen die Teilnehmer gerne ihre Hautleitwerte und Fingertemperatur, um ihre Fortschritte zu sehen. Solche Messungen sind besonders motivierend, wenn die Teilnehmer noch nicht bemerkt haben, dass ihre Temperatur gestiegen ist, und dies dann auf dem Bildschirm sehen können. Zudem eignen sich die Messwerte „Hautleitwert“ und „Temperatur“ hervorragend, um den Einfluss von Gedanken oder Bildern auf den Körper zu zeigen, was in Therapiesitzungen oft zu erkenntnisreichen Momenten führt.




Hautleitwert

Hautleitwert
Hautleitwert


Elektrodermale Aktivität (EDA)


Wie funktioniert das EDA-Feedback?

Die EDA wird normalerweise an den Fingern gemessen, da es dort viele Schweißdrüsen gibt und die Sensoren gut anbringbar sind. Diese Schweißdrüsen reagieren schnell auf Stress, und während beim Schwitzen durch Wärme die Blutgefäße sich erweitern, geschieht emotionales Schwitzen bei Stress oft mit verengten Blutgefäßen, was als „kaltes Schwitzen“ bekannt ist. Die EDA zeigt somit, wie aktiv das sympathische Nervensystem ist.


Messung

Die Messung ist unkompliziert: Es wird eine leichte Spannung zwischen zwei Elektroden angelegt, und man misst den Strom, um den Hautleitwert in Microsiemens (μS) zu bestimmen. Wenn mehr Schweiß produziert wird, steigt der Leitwert. Diese Reaktion erfolgt nicht nur bei sichtbarem Schwitzen, sondern auch wenn sich die Schweißdrüsen füllen. In der Regel sorgt ein Stressor für einen Anstieg des Hautleitwerts. Es gibt jedoch keine einheitlichen Normalwerte, da sie von Person zu Person variieren können.


Es gibt zwei wichtige Aspekte zu beachten: das tonische Signal (Ruhewert des Hautleitwerts) und das phasische Signal (Änderung des Leitwerts bei Stress). Ein stabiler Ruhewert zeigt Normalität an, während eine unruhige Linie darauf hindeutet, dass das Nervensystem auch neutrale Reize als Stress wahrnimmt. Beim phasischen Signal ist zu beachten, wie stark und schnell der Hautleitwert nach einem Stressor ansteigt und sich wieder normalisiert. Bei gesunden Reaktionen sollte der Wert nach 1–2 Minuten wieder zum Ausgangswert zurückkehren. Es kommt jedoch oft vor, dass Personen nicht in ihren Normalzustand zurückkehren.


Anwendungsgebiete des EDA-Feedbacks

Die Messung des Hautleitwerts kann in der Therapie auf verschiedene Weise eingesetzt werden. Da der Hautleitwert schnell auf Stress reagiert, kann man ihn während therapeutischer Gespräche nutzen, um dem Patienten zu zeigen, wie sein Körper auf Stress reagiert. Außerdem kann das Feedback helfen, Entspannungstechniken zu erlernen, indem der Patient lernt, den Hautleitwert zu senken oder ihn während Entspannungsübungen im Auge zu behalten.




Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität

HRV


Herzratenvariabilität (HRV)

Was ist die HRV?

Ein chinesischer Arzt beschrieb schon vor 1700 Jahren: „Ist der Herzschlag so regelmäßig wie die Tropfen des Regens auf dem Dach, ist der Patient in 4 Tagen tot.“


Unser Herz schlägt im gesunden Zustand nicht immer mit der gleichen Frequenz, vielmehr passt es sich den Anforderungen des Körpers an. Im ruhigen, entspannten Zustand korreliert die Herzrate mit der Atmung, in der Medizin nennt man diese Korrelation respiratorische Sinusarrhythmie.


> Respiratorische Sinusarrhythmie: Mit jedem Einatmen nimmt die Herzrate zu, mit jedem Ausatmen nimmt sie ab.


Bezogen auf das vegetative Nervensystem bedeutet dies, dass der Sympathikus beim Einatmen aktiver ist als beim Ausatmen, und der Parasympathikus umgekehrt. Daher ist die Anpassung der Atemtechnik eine gute Methode, bewusst eine Verschiebung im vegetativen System zu erreichen.


Beispiele

Wollen sich Sportler direkt vor dem Wettkampf bewusst in eine hohe Sympathikusaktivität bringen, wenden sie teilweise eine Atemtechnik an, bei der die Einatmungsphasen deutlich länger sind als die Ausatmungsphasen. In der Therapie ist oft genau das Gegenteil erwünscht; die Patienten werden aufgefordert, lange und tief auszuatmen, um zu entspannen. Das könnte z. B. bei der Hypnoseinduktion oder nach einer Abreaktion (Entladung aufgestauter Gefühle) sinnvoll sein.


Mit einer regelmäßigen, tiefen Atmung, wie sie beim Herzratenvariabilitäts-(HRV-)Training angewendet wird, wird mit jedem Atemzug der Wechsel zwischen Sympathikus- und Parasympathikusaktivität trainiert – und damit die Flexibilität, in verschiedenen Zuständen zu sein.

 

Kohärenz von Atmung und Herzrate

Zur HRV-Messung wird am besten sowohl die Atmung als auch die Herzrate gemessen.

Zur Messung der Atmung wird i. d. R. ein Atemgurt mit Dehnungssensoren verwendet. Der Gurt wird um das Abdomen gelegt. So kann das Heben und Senken des Bauchs mit der Ein- und Ausatmung gemessen werden.


Atmung mit Pacer und Sauerstoffsättigung
Atmung mit Pacer und Sauerstoffsättigung

Für die Messung der Herzrate kann man entweder die elektrische Messung der Herzaktivität im EKG (Elektrokardiogramm) heranziehen oder mit einem optischen Sensor am Finger bzw. am Ohrläppchen aus der Pulskurve die Herzrate errechnen.

Diese sog. photoplethysmographische Messapparatur besteht i. d. R. aus einem Infrarotsender und einem Infrarotdetektor. Der Sender gibt Infrarotstrahlung in das Gewebe ab und der Detektor misst, wie viel Infrarotlicht vom Gewebe reflektiert wird. Daraus kann dann auf die relative Änderung des Blutflusses rückgeschlossen werden. Die optische Messung ist in der Handhabung einfacher, dafür aber etwas ungenauer als die elektrische Messung. In beiden Fällen wird für das Training der HRV die momentane Veränderung der Herzrate dargestellt, entweder aus dem EKG abgeleitet oder aus der optisch gemessenen Pulskurve errechnet.


BVP Protokoll
BVP Protokoll

 

Neben den Mehrkanal-Biofeedbackgeräten gibt es auch reine einkanalige HRV-Biofeedbacksysteme, die meist einen optischen Sensor verwenden und aus der Pulskurve die Herzrate errechnen. Diese Systeme ermitteln nur die Herzratenvariabilität und nicht die Kohärenz zur Atmung, da die Atmung nicht mitgemessen wird. Die Aufmerksamkeit kann dennoch auf die Atmung gelenkt werden: Der Patient legt die Hand auf den Bauch und spürt selbst dessen Heben und Senken. Er kann dann am Bildschirm verfolgen, wie die Herzrate beim Einatmen (Heben) zunimmt und beim Ausatmen (Senken) wieder abnimmt, sodass sich mit regelmäßiger Atmung eine sinusförmige Kurve der Zu- und Abnahme der Herzrate ergibt, deren Amplitude mit zunehmender Tiefe der Atmung größer wird.

Eine hohe HRV in Ruhe deutet darauf hin, dass der Organismus in der Lage ist, die Herzfrequenz belastungsabhängig zu verändern und sich dadurch flexibel an innere und äußere Reize anzupassen. Die HRV hängt u. a. vom Alter und von der körperlichen Fitness des Klienten ab:


-          Im Alter verringert sich die HRV,


-          Ausdauersport verbessert die HRV.


Die HRV spiegelt in gewisser Weise das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus wider. Menschen mit eingeschränkter HRV können mit Stressoren oft nicht so gut umgehen und dadurch Gesundheitsstörungen entwickeln.


Aber nicht nur Atmung und körperliche Fitness haben Einfluss auf die HRV, sondern auch Emotionen, Gedanken und innere Bilder.



Elektrische Muskelaktivität

2 Kanal EMG Messung
2 Kanal EMG Messung
Charakteristik des EMG-Signals

Das EMG-Signal zeigt, wie sich die elektrische Spannung unserer Muskeln über die Zeit verändert. Die wichtigsten Merkmale, um dieses Signal zu beschreiben, sind die Höhe (Amplitude) und die Frequenz. Beim EMG schwankt das Signal zwischen positiven und negativen Werten, ähnlich wie beim EEG. Ein entscheidender Unterschied ist jedoch, dass die Höhe des EMG-Signals direkt mit der Muskelkraft verbunden ist: Wenn ein Muskel stärker kontrahiert, ist auch die Amplitude des EMG-Signals höher.


Um diesen Zusammenhang leichter verständlich zu machen, nutzen wir beim EMG-Feedback-Training nicht das ursprüngliche Signal, sondern ein gefiltertes Signal, das RMS-Signal genannt wird. Dieses RMS-Signal zeigt die Muskelspannung proportional an: Je stärker der Muskel kontrahiert, desto höher sind die Werte. Die Amplitude des EMG-RMS-Signals sollte in den meisten Fällen nicht über 400 bis 500 Mikrovolt steigen, während beim Entspannungstraining Werte über 100 Mikrovolt selten vorkommen. Moderne Biofeedback-Systeme ermöglichen es, den Messbereich je nach Bedarf anzupassen.


Die Frequenz des EMG ist für das Feedback nicht so wichtig, aber um das Signal besser zu verstehen, schauen wir uns das Frequenzspektrum an. Dieses zeigt, welche Frequenzen im Signal vorhanden sind und wie stark sie im Vergleich zueinander sind. Das EMG-Signal hat ein breites Frequenzspektrum von etwa 10 bis 500 Hertz, wobei die meisten Frequenzen zwischen 25 und 300 Hertz liegen, mit einem Höchstwert bei etwa 100 Hertz.


In diesem Frequenzbereich können Störungen auftreten, zum Beispiel durch andere Körpersignale oder externes Rauschen. Eine häufige Störquelle ist die Herzaktivität, die bei etwa 65 bis 80 Hertz liegt und das EMG-Signal überlagern kann. Um diese Störung zu vermeiden, kann ein Filter eingesetzt werden, der Frequenzen unter 100 Hertz herausnimmt. Das hat jedoch den Nachteil, dass auch wichtige Informationen verloren gehen können, da bei müden Muskeln oft auch langsamere Frequenzen unter 100 Hertz bedeutsam sind. Daher bieten moderne Biofeedback-Systeme die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Filterstärken zu wählen, um die relevanten Informationen zu erhalten.


Die Höhe des EMG-Signals wird außerdem von anderen Faktoren beeinflusst, wie zum Beispiel von der Gewebestruktur unter den Elektroden. Dickere Fettschichten dämpfen das Signal, weshalb bei übergewichtigen Personen oft niedrigere EMG-Amplituden gemessen werden als bei schlankeren Menschen. Auch die Entfernung des Muskels von der Hautoberfläche spielt eine Rolle: Oberflächen-EMG misst am besten die Muskeln, die nah unter der Haut liegen.


Ein wichtiger Punkt ist auch, wo genau die Elektroden platziert werden und wie weit sie voneinander entfernt sind. Wenn die Elektroden weiter auseinander sind, wird das EMG-Signal stärker.



Phasen der Biofeedbackbehandlung am Beispiel des VKT


Vasokonstriktionstraining [VKT]


Wie funktioniert das Vasokonstriktionstraining?


Das Vasokonstriktionstraining ist eine Trainingsmethode, die Entwickelt wurde, um die Weite der Blutgefäße im Kopf bei der Behandlung von Migräne zu regulieren. Dabei wird ein spezieller Sensor auf die Haut über einem Blutgefäß platziert, um die Veränderung der Durchblutung zu messen. Die Technik ist ähnlich wie bei einem Pulssensor zur Herzratenvariabilitätsmessung, unterscheidet sich jedoch in der Platzierung und dem speziellen Design des Sensors. Während bei der Herzratenmessung meist ein Finger- oder Ohrensensor genutzt wird, kommt beim Vasokonstriktionstraining ein Sensor zum Einsatz, der in der Regel unter einem Stirnband angebracht wird. Ein Netzverband kann helfen, den Sensor stabil zu halten.


Gründe für das Vasokonstriktionstraining bei Migräne


Die Idee hinter diesem Training ist, dass der pulsierende Schmerz bei Migräne teilweise durch Veränderungen der Blutgefäße im Kopf verursacht wird. Jedes Mal, wenn das Herz schlägt, erweitern sich die Blutgefäße, was einen Schmerzreiz auslösen kann. Studien zeigen, dass Migränepatienten oft eine größere Schwankung in der Weite ihrer Blutgefäße haben als Menschen ohne Migräne. Zudem ist bekannt, dass Medikamente, die die Gefäße verengen, helfen können, die Migräneschmerzen zu lindern. Durch das Erlernen der Kontrolle über die Weite der Blutgefäße soll die Häufigkeit und Intensität der Migräneanfälle verringert werden.


Trainingsziele


Die meisten Patienten berichten von weniger und schwächeren Migräneanfällen nach dem Training. Sie fühlen sich weniger hilflos, da sie lernen, selbst aktiv gegen die Anfälle vorzugehen. Diese Überzeugung, etwas bewirken zu können, trägt ebenfalls dazu bei, dass die Anfälle seltener auftreten. In einigen Fällen kann die Migräne sogar ganz verschwinden.


Praktisches Vorgehen


Beim Vasokonstriktionstraining wird der Pulssensor über der Schläfenarterie unter einem Stirnband platziert. Zu Beginn kann man den Puls ertasten, um eine Orientierung zu bekommen. Für genauere Messungen zeigt der Sensor eine Pulskurve an, die optimiert werden kann, indem der Sensor verschoben wird, bis die stärkste Signaländerung erkannt wird. Dann wechselt man zu einem Bildschirm, der eine Animation zeigt, die die Gefäßweite darstellt – beispielsweise einen Kreis, der größer wird, wenn die Gefäße sich erweitern, und kleiner, wenn sie sich verengen.


Um zu verhindern, dass die Patientin oder der Patient die Stirnmuskeln anspannt, kann auch die Muskelaktivität überwacht werden. Wenn die Muskelspannung zu hoch wird, reicht es oft aus, darauf hinzuweisen, und die Patienten entspannen die Muskulatur wieder. Da das Training recht anstrengend sein kann, werden die Sitzungen auf 20 bis 30 Minuten begrenzt. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit soll der Patient für 3 Minuten versuchen, den Kreis auf dem Bildschirm zu verkleinern, gefolgt von einer Minute Pause, bevor der Vorgang wiederholt wird. Am Ende können die Fortschritte gemeinsam angesehen und besprochen werden. Die meisten Migränepatienten lernen schnell, die Gefäße willentlich zu verengen und diese enge Position zu halten. Einige entwickeln dabei eigene Strategien, wie sich an etwas Kaltes zu denken oder sich einen enger werdenden Tunnel vorzustellen.


Übersicht eines Vasokonstriktionsprotokolls zum Training bei Kopfschmerzen
Übersicht eines Vasokonstriktionsprotokolls zum Training bei Kopfschmerzen

Insgesamt sind etwa 10 Sitzungen erforderlich, um die Kontrolle über das Verengen der Gefäße zu erlernen.


Transfer in den Alltag


Ab etwa der dritten Sitzung können sogenannte Transferübung integriert werden, in denen die Patienten keine Rückmeldung erhalten, sondern lediglich die Anweisung, die Gefäße zu verengen. Außerdem sollten sie während der Woche zuhause die erlernten Techniken anwenden. Dazu können von den Feedback-Sitzungen Karten erstellt werden, die den Zustand stabiler Gefäße immer wieder hervorrufen.


Fallbeispiel


Eine Patientin, die als visuelles Feedback einen roten Kreis gewählt hatte, erinnerte sich an jede rote Ampel an das Training und nutzte diese Gelegenheit zur Übung. Eine andere Patientin, die am Computer arbeitete, schaute nicht nur auf die Animation, sondern konzentrierte sich auch auf das „Ö“ der Tastatur, um sich regelmäßig an das Training zu erinnern. Es gibt auch Patienten, die weniger naheliegende, aber effektive Strategien entwickeln. Einer stellte sich beim Verengen der Gefäße die Wörter „Tropfsteinhöhle“ und „Teekanne“ vor. Jeden Morgen nahm er sich 5 Minuten Zeit für diese Vorstellung, und seine Migräne verschwand dauerhaft.


 
 
 

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