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Zuschreibungstil

Wie angekündigt gibt es jetzt etwas Hintergrund zum Thema Zuschreibungen.

Zuschreibungen und Attributionen sind oft unseren eingeprägten/ erlernten Mustern zuzuschreiben. Wenn Sie zunehmend negativ geprägt werden, können aber auch positive Erlebnisse entwertet und die Lebensqualität dauerhaft negativ beeinträchtigt werden.


Im metakognitiven Training geht es hierbei um Denkverzerrungen bezüglich der Zuschreibungen.

Denkverzerrung: ungünstige Art der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen aus der Umwelt, die zur Entstehung oder Aufrechterhaltung von psychischen Problemen beitragen kann (z.B. nur sich selbst die Schuld geben).



Kriterien von verzerrten Zuschreibungen


Kurz zusammengefasst einige Kriterien einer verzerrten Attribution:

  • Egozentrismus

Übermäßiges beziehen auf die eigene person oder Sichtweise

  • Negativ-Bias bei Emotionserkennung / Böswilligkeit unterstellen

Es wird oft Böswilligkeit/ eine absichtliche Verletzung unterstellt.

  • Ungenauigkeit bei Kausalitätsattribution

  • Affektzentrierung strenge Unterteilung in Gut oder Böse



Auch (übermäßig) persönliche “egozentrische” Zuschreibungen können diesen Effekt haben.



Egozentrismus bezeichnet einen Mangel an Differenziertheit in der Sichtweise der eigenen Person und der von Anderen oder auch eine Art “Eingebettetheit” in die eigene Sichtweise nach Piaget.




Einigen Klienten gelingt es aufgrund ihrer Abwehrmechanismen nicht die Sichtweise anderer menschen in ein Ganzes zu integrieren.




So schreiben diese klienten ihre eigenen Motive anderen Personen zu und umgekehrt. Auch bei emotionaler Dysregulation, Ablehnung Sensitiver Dysphorie oder dem übermäßigen Fokus auf die eigenen Gefühle kann es zu fehlerhaften oder fehlenden Attributionen kommen. Das annehmen einer alternativen Erklärung kann dann unmöglich sein. Auch die negative Voreinstellung die zur Unterstellung von Böswilligkeit führt spielt bei Attributionsstilen eine Rolle. Alexythymie oder negative Emotionserkennung spielen hierbei eine Rolle.



Bei der Alexithymie handelt es sich um eine psychiatrische Störung der Affektregulierung, bei der die Menschen unfähig sind, ihre Emotionen zu evaluieren und sie verbal zu beschreiben. Aus dieser Störung resultiert in der Regel auch eine weitgehende Unfähigkeit der Betroffenen, sich in die Emotionen anderer einfühlen zu können Quelle: https://flexikon.doccheck.com/de/Alexithymie


Emotionserkennung


Wir trainieren Emotionserkennung z.B. mit dem Emotionsrad als vorübergehendes Hilfsmittel. So hatte ich zum Beispiel eine Klientin, die zu Beginn der Behandlung als überhaupt vorstellbare Emotionen folgendes angegeben hat:


  • Traurigkeit

  • Scham

  • Selbsthass

  • Leere

  • Ekel


Nach Übungen mit dem MKT und dem Emotionen rad ko


nnten wir diesen Emotionen Bereich erfolgreich deutlich erweitern und fanden:



  • Neugier

  • Vergebung

  • Enttäuschung

  • Verständnis

  • Vorfreude

  • Überraschung

  • Frustration



und einige mehr.







Ein weiterer Teil der eine Rolle spielt, wenn wir über Zuschreibungen sprechen, ist die Kausalität und Plausibilität. Also wie vernünftig, nachvollziehbar, logisch und kohärent sind die gefundenen Attribute. Regelmäßig beobachte ich bei Klienten sehr widersprüchliche Attributionen bezüglich den eigenen, aber auch anderen Attributen. DIe Zuschreibungen sind widersprüchlich, nicht nachvollziehbar oder unberechenbar. Psychologisch wird hier der Erziehungsstil der Eltern oder andere wichtige Beziehungen als grundlage theoretisiert. Wenn in den beobachteten Beziehungen die Reaktionen unberechenbar wirken, kann die Fähigkeit, akkurate Zuschreibungen vorzunehmen, nur schlecht bis gar nicht oder inkorrekt entwickelt werden.

Auch die extreme Über-Attribution oder Einteilung von Zuschreibungen in gut oder schlecht spielt eine Rolle. Klienten nehmen oft sehr monokausale Zuschreibungen vor, je nachdem welche Grunderkrankung dahinter steht, werden diese Zuschreibungen nicht nur auf negative Erlebnisse, sondern auch auf positive Erlebnisse angewendet.


Ein kleiner Dialog:


Ich: “Wenn ich dir sage, dass du ein schönes Kleid hast." "Worauf würdest du das zurückführen?"


Antwort: “Oh, ich muss sehr fertig aussehen, wenn du mir schon Komplimente für mein Kleid machen musst."





Die Vorgehensweise


Zur konkreten Vorgehensweise bei Denkverzerrungen gehen wir nach einem groben Schema vor. Wir beschreiben das Szenario/ die auslösende Verhaltensweise.

Dann die zugehörigen möglichen Gedanken. Danach welche Gefühle, welche diese Gedanken mit sich bringen. Und die daraus folgende Verhaltensweise.


Es gibt grundlegend oft mehrere Bereiche, die in Betracht gezogen werden sollten, um ausgewogene/ “gesunde”/ angepasste Zuschreibungen zu finden. Und genau das ist es, was Menschen mit Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder im Autismus-Spektrum oft schwerfällt. Oft werden bei diesen Menschen einseitige Zuschreibungen vorgenommen und selbst wenn die anderen Bereiche benannt werden können, so werden die Zuschreibungen im Alltag oft nur einseitig vorgenommen. Und so oft werden nur die gleichen Gefühle und Verhaltensweisen abgerufen und angezeigt und es begrenzt die Möglichkeiten, das Verhalten zu mehr Lebensqualität anzupassen.


Glücklicherweise kann man dies üben.


Suchen Sie sich ein Szenario aus:

  • Ein Kollege grüßt sie nicht auf der Arbeit

  • Sie werden im Bus angerempelt

  • Ihr Chef schreit Sie an weil Sie zu spät gekommen sind

  • Ihr Partner/ Partnerin verkocht das Essen












Welche Zuschreibungs Gründe fallen Ihnen ein?


Meistens wird der Einfachheit halber unterteilt in:

  • selbst (Gründe die auf sich selbst zurückzuführen sind oder selbst verursacht)

  • andere (Gründe die andere Menschen betreffen oder Ursachen sind)

  • Situativ/ Zufall/ Umstände (Gründe die situativ bedingt und nicht direkt durch andere verursacht sind



Übungsaufgabe: Zuschreibungs-Stil Ablauf


Schritt 1: Szenario/ Situation

Schritt 2: Gedanken/ Zuschreibungen [Selbst - Andere - Umstände/ Zufall]

Schritt 3: Gefühle zu den jeweiligen Zuschreibungen

Schritt 4: Konsequenz/ Verhaltensweise

Schritt 5: Vor- und Nachteile der jeweiligen Verhaltensweise


Übung: Gefühle Zuordnen


Welche Gefühle ruft die jeweilige Zuschreibung hervor? Zur Hilfe gibt es das Emotionsrad.

Hier eine gekürzte Tabelle zur Übersichtlichkeit als Hilfestellung:




Sie haben nun Ihre Aktion, die Gedanken und die Gefühle zugeordnet. Versuchen Sie hierzu keine Bewertung dieser Gefühle vorzunehmen.


Zu welchen Verhaltensweisen führen die jeweiligen Kombinationen von Gedanken und Gefühlen?

Eine persönliche - meist negative oder entwertende - Zuschreibung kann zu Gefühlen von Herabsetzung, Entwürdigung oder auch Unzufriedenheit führen. Dies hat individuell unterschiedlichste Folgen, oft Rückzug, Isolation oder wenn Wut und Ärger im Vordergrund stehen, oft Eskalation oder Konfrontation. Diese Verhaltensweisen stärken die defensiven Abwehrmechanismen und bestärken das negative Muster.


Versuchen Sie jetzt, zu Ihren verschiedenen Zuschreibungen eine ausgewogene Zuschreibung für Ihr gewähltes Szenario zu finden.

Welche Gefühle und Verhaltensweise sind damit verbunden.


Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Verhaltensweisen?



Beispiel: Reha-Entlassung


Zum Abschluss ein konkretes Beispiel:


Sie gehen wegen ihrer Probleme in Reha.

Sie erhalten zwar Hilfe und werden entlassen.

Sie sind unzufrieden mit den bisherigen Erfolgen.

Welche Gedanken kommen in Ihnen auf?


Beispielsweise:


  • Die unfähigen Ärzte, die sowieso nicht auf mich gehört haben. Die Therapeuten waren alle überarbeitet und desinteressiert.


  • Mir kann niemand helfen, es ist sowieso hoffnungslos und wird nicht besser werden.

[ Zuschreibung ausschließlich andere]



Diese Gedanken führen vielleicht zu Gefühlen wie Hoffnungslosigkeit, Herabsetzung, Mutlosigkeit


Diese wiederum führen zu folgendem Verhalten:


  • Es werden keine weiteren Ärzte und/ oder Therapeuten aufgesucht

  • Die in der Reha erlernten Strategien oder Übungen werden als Ziellos verworfen und nicht weitergeführt

  • Die gesundheitliche Situation verschlechtert sich weiter


Finden wir jetzt eine ausgewogene Zuschreibung:


Die Reha war nicht auf mein spezifisches Problem spezialisiert, hat mir aber trotzdem bedingt geholfen und Ich weiss jetzt, welche Spezialisten ich brauche oder wohin ich mich wenden muss, um weiterzukommen.


Diese Erklärung gibt Hoffnung, Antrieb und etwas Gelassenheit.

Die daraus resultierenden Verhaltensweisen:

  • Aufsuchen von spezialisierten Therapeuten oder Ärzten


  • Fortführung von den Übungen, die funktioniert haben und Anpassung oder die Erkenntnis, was nicht funktioniert hat, ohne dabei auf ziellose Schuldzuschreibungen zurückzufallen.




Diese Beschreibung lässt das ganze recht simpel wirken, ist im Alltag aber oft schwer zu integrieren und muss, gerade wenn diese Fähigkeit sich vorher nicht richtig entwickeln konnte, erst gelernt und regelmäßig angewendet werden.


Visualisierung des Prozesses:


Mit manchen Klienten kann die visuelle Umsetzung dieser Anteile an Zuschreibungen wie zum Beispiel als Kreisdiagramm oder Venn Diagramm hilfreich sein.


Ziel hierbei ist es, dass meine Klienten lernen, sich selbst nicht mehr als die Hälfte der Zuschreibung zuzuteilen.







Letzte Übung zu Zuschreibungsstilen


Gehen Sie kurz zu ihrem Szenario vom Anfang zurück.

Sie haben ihre verschiedenen Zuschreibungen und Gefühle und die Vor- und Nachteile benannt.

Jetzt möchte ich, dass Sie versuchen, entsprechend der Zielsetzung eine ausgewogene Erklärung und angemessene Gefühls- und Verhaltensweise zu finden.


Schritt 1: Finden einer (ausgewogenen) Zuschreibung

Schritt 2: Zuordnung einer (angemessenen) emotionalen Reaktion

Schritt 3: Benennen und Ausführung einer entsprechenden Verhaltensweise

Schritt 4: Vor-und Nachteile dieser Verhaltensweise

Schritt 5: Üben und Integration in den Alltag


Versuchen Sie, Ihre Gründe und Zuschreibungen den Bereichen zuzuordnen und denken Sie daran, Ihnen selbst nicht zu viel zuzuschreiben.


Ich hoffe, dieser Ausflug in das metakognitive Training gibt einen kleinen Einblick und vielleicht auch eine Hilfestellung im Alltag, um die gedanklichen negativen Spiralen zu durchbrechen.


Wie immer stehe Ich gern zur Unterstützung zur Verfügung.


Liebe Grüße

Mara

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