Autismus: Masking und Unmasking
- ergo-mara
- 22. Juni 2024
- 8 Min. Lesezeit
Masking (deutsch Maskieren) oder Camouflaging bezeichnet in der Psychologie das bewusste oder unbewusste Unterdrücken autistischer Verhaltensweisen oder die Kompensation von Schwierigkeiten bei sozialer Interaktion mit dem Ziel, als neurotypisch wahrgenommen zu werden oder um den typisch „autistischen Problemen“ aus dem Weg zu gehen1 2.
Es handelt sich um eine – häufig in Kindheit und Jugend – selbständig erlernte Bewältigungsstrategie. Eine einheitliche wissenschaftliche Begriffsdefinition gibt es nicht.
So werden die Begriffe Masking und Camouflaging einerseits synonym als Oberbegriff gebraucht, andererseits wird zwischen Masking (dem Unterdrücken von Verhaltensweisen) und Compensation (dem Ausgleichen von Schwierigkeiten) als wesentliche Ausprägungen des Camouflagings unterschieden1 3 .
Alltagssprachlich ist Masking der meistverbreitete Oberbegriff.
Typische Beispiele für Masking sind das Unterdrücken von selbststimulierendem Verhalten (Stimming) und von Meltdowns, einer häufigen Reaktion auf Reizüberflutung. Zur Kompensation von Schwierigkeiten bei sozialer Interaktion halten Autisten beispielsweise – trotz damit verbundenem Unwohlsein – Blickkontakt aufrecht, wenden eingeübte Formulierungen und Gesprächsabläufe an (Scripting) oder übernehmen Körpersprache und Intonation anderer Personen1 2 3 .
Masking ist mit großen Anstrengungen verbunden.
Negative Auswirkungen umfassen u. a. chronischen Stress und diverse psychische Probleme, wie etwa Depressionen, Angststörungen und Identitätsverlust bis hin zur Suizidalität. Masking gilt zudem als zentralster Risikofaktor für die Entwicklung eines autistischen Burnouts.
Gleichzeitig werden manchen Untersuchungen zufolge Kompensationsstrategien als hilfreich für eine erfolgreiche Lebensbewältigung empfunden. Da viele Studien zum Themenfeld nur autistische Erwachsene ohne Intelligenzminderung untersuchen, ist die Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse auf das gesamte autistische Spektrum nicht gesichert.
Es wird vermutet, dass Masking dazu beiträgt, dass autistische Frauen und nichtbinäre Personen deutlich seltener erkannt und diagnostiziert werden als autistische Männer. Diese Möglichkeit wurde bereits 1981 von Lorna Wing in Betracht gezogen. Das bewusste Aufgeben des Maskings wird als „Unmasking“ bezeichnet, was von manchen Autisten als erstrebenswertes Ziel betrachtet wird. Motive sind die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und die Vermeidung von negativen Auswirkungen des Maskings auf die psychische Gesundheit2 .
Hier sind einige Beispiele für Masking bei Menschen mit Autismus:
1. Blickkontakt aufrechterhalten: Obwohl es für Menschen mit Autismus unangenehm oder schwierig ist, Blickkontakt zu halten, könnten sie es versuchen, weil sie gelernt haben, dass es von ihnen erwartet wird. Blickkontakt wird oft als Zeichen von Aufmerksamkeit und Respekt angesehen1.
2. Lachen über Witze, die nicht wirklich verstanden werden: Humor kann sehr komplex sein, und manche Menschen mit Autismus haben Schwierigkeiten, bestimmte Arten von Humor zu verstehen. Dennoch könnten sie bemerkt haben, dass andere Menschen lachen, und entscheiden sich, mitzulachen, um nicht anders zu wirken1.
3. Anpassung der Körpersprache: Menschen mit Autismus versuchen möglicherweise, ihre Körpersprache so anzupassen, dass sie der ihrer Mitmenschen ähnelt. Sie könnten ihre Haltung oder Bewegungen ändern, um "normal" zu wirken1.
4. Kontrolle von Interessen: Autist*innen könnten ihre besonderen Interessen oder Obsessionen verbergen oder kontrollieren, um nicht "anders" zu wirken. Zum Beispiel könnten sie über Themen sprechen, die sie eigentlich nicht interessieren, nur um ein Gespräch zu führen1.
5. Anpassung des Sprechstils: Einige Menschen mit Autismus könnten versuchen, ihren Sprechstil zu ändern. Sie könnten versuchen, die Stimmlage, den Rhythmus oder den Tonfall zu kontrollieren, um "normaler" zu klingen1.
6. Imitation: Sie könnten das Verhalten, die Mimik oder die Sprache von Menschen um sie herum imitieren, um in sozialen Situationen "unauffällig" zu bleiben1.
7. Verbergen von Unbehagen: Menschen mit Autismus könnten versuchen, Anzeichen von Unbehagen oder Überforderung zu verbergen1.
8. Vermeiden von Spezialinteressen: Obwohl Menschen mit Autismus oft sehr spezifische Interessen haben, könnten sie versuchen, diese in sozialen Situationen zu verbergen. Sie könnten bewusst vermeiden, über ihre Lieblingsthemen zu sprechen, um nicht als "seltsam" wahrgenommen zu werden.
9. Anpassung der Lautstärke: Autist*innen könnten ihre natürliche Lautstärke beim Sprechen kontrollieren, um nicht zu laut oder zu leise zu wirken. Dies kann dazu führen, dass sie sich ständig anpassen und überwachen, wie sie sprechen.
10. Verbergen von sensorischen Empfindlichkeiten: Viele Menschen mit Autismus haben sensorische Empfindlichkeiten, z. B. gegenüber Licht, Geräuschen oder Berührungen. Sie könnten versuchen, ihre Reaktionen zu unterdrücken, um nicht als überempfindlich oder "anders" zu gelten.
Es ist wichtig zu betonen, dass Masking eine individuelle Erfahrung ist, und nicht alle Menschen mit Autismus die gleichen Strategien verwenden. Einige Menschen können Masking als hilfreich empfinden, während es für andere sehr belastend sein kann. Es ist ein komplexes Thema, das weiter erforscht werden muss, um ein besseres Verständnis zu erlangen.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie Masking eine bewusste oder unbewusste Strategie sein kann, um in sozialen Situationen besser zu funktionieren und sozial akzeptiert zu werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Masking auch negative Auswirkungen haben kann, wie chronischen Stress und psychische Probleme1.
Strategien zur Bewältigung des Stresses durch Masking
Masking (auch als Camouflaging oder Kompensation bezeichnet) ist eine Strategie, bei der Menschen bewusst oder unbewusst autistische Verhaltensweisen unterdrücken oder verbergen, um besser in die neurotypische Welt zu passen1. Hier sind einige Strategien zur Bewältigung des Stresses durch Masking:
Selbstakzeptanz:
Es ist wichtig, sich selbst zu akzeptieren und zu verstehen, dass es in Ordnung ist, anders zu sein. Selbstliebe und Akzeptanz können dazu beitragen, den Druck zu verringern, sich ständig anzupassen.
Selbstfürsorge:
Autist*innen sollten auf ihre eigenen Bedürfnisse achten. Pausen einlegen, sich ausruhen und sich Zeit für sich selbst nehmen, um den Stress zu reduzieren.
Grenzen setzen:
Es ist in Ordnung, "Nein" zu sagen und Grenzen zu setzen. Menschen mit Autismus sollten sich nicht dazu zwingen, ständig zu maskieren, sondern sich erlauben, authentisch zu sein.
Soziale Unterstützung:
Sich mit anderen Menschen zu verbinden, die ähnliche Erfahrungen machen, kann hilfreich sein. Gemeinschaften, Selbsthilfegruppen oder Online-Foren bieten Unterstützung und Verständnis.
Therapie:
Eine Therapie, die auf Autismus spezialisiert ist, kann helfen, Strategien zur Bewältigung von Stress zu entwickeln und den Umgang mit Masking zu verbessern.
Achtsamkeit:
Achtsamkeitsübungen können helfen, Stress zu reduzieren und im Moment zu leben. Atemübungen, Meditation und Yoga sind einige Möglichkeiten.
Emotionale Verarbeitung:
Sich Zeit nehmen, um Emotionen zu verarbeiten und zu verstehen, kann dazu beitragen, den inneren Druck zu verringern. Es ist wichtig, negative Emotionen nicht zu unterdrücken5.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jeder Mensch unterschiedlich ist, und nicht alle Strategien für jeden funktionieren. Individuelle Bedürfnisse und Präferenzen sollten berücksichtigt werden, um den besten Umgang mit Masking-Stress zu finden.
Strategien: Unmasking bei Autismus
Unmasking (auch als Entmaskierung bezeichnet) ist der Prozess, bei dem Menschen mit Autismus bewusst oder unbewusst ihre Maskierung aufgeben und ihre authentischen Verhaltensweisen zeigen. Hier sind einige Strategien zur Bewältigung des Stresses durch Masking und zur Unterstützung des Unmaskings:
Selbstakzeptanz und Selbstverständnis:
Menschen mit Autismus sollten sich selbst akzeptieren und verstehen, dass ihre natürlichen Verhaltensweisen in Ordnung sind. Es ist wichtig zu erkennen, dass Masking nicht nachhaltig ist und langfristig negative Auswirkungen haben kann1.
Grenzen setzen:
Es ist in Ordnung, "Nein" zu sagen und Grenzen zu setzen. Autist*innen sollten sich erlauben, authentisch zu sein und nicht ständig zu maskieren. Dies kann bedeuten, soziale Situationen zu verlassen, wenn sie überwältigend werden1.
Therapie und Unterstützung:
Eine Therapie, die auf Autismus spezialisiert ist, kann helfen, Strategien zur Bewältigung von Stress zu entwickeln und den Umgang mit Masking zu verbessern. Selbsthilfegruppen und Gemeinschaften bieten auch Unterstützung und Verständnis1.
Emotionale Verarbeitung:
Menschen mit Autismus sollten sich Zeit nehmen, um ihre Emotionen zu verarbeiten und zu verstehen. Dies kann dazu beitragen, den inneren Druck zu verringern und den Wunsch nach Masking zu reduzieren5.
Selbstfürsorge:
Pausen einlegen, sich ausruhen und auf die eigenen Bedürfnisse achten. Selbstfürsorge hilft, Stress zu reduzieren und den Druck des Maskings zu mindern1.
Es ist wichtig zu betonen, dass Unmasking ein individueller Prozess ist, und es gibt keine festen Regeln dafür. Jeder Mensch mit Autismus hat unterschiedliche Bedürfnisse und Präferenzen. Die Unterstützung von Fachleuten und die Akzeptanz der eigenen Identität sind entscheidend für den Erfolg des Unmaskings.
Die langfristigen Auswirkungen von Masking auf die psychische Gesundheit
Masking bezieht sich auf das bewusste oder unbewusste Unterdrücken autistischer Verhaltensweisen, um besser in sozialen Situationen zu funktionieren oder als neurotypisch wahrgenommen zu werden. Es ist eine Strategie, die von Menschen mit Autismus angewendet wird, um soziale Erwartungen zu erfüllen. Hier sind einige langfristige Auswirkungen von Masking auf die psychische Gesundheit:
Zunehmender Stress:
Masking erfordert ständige Anpassung und Selbstüberwachung. Dies kann zu chronischem Stress führen, da die Person versucht, ihre natürlichen Verhaltensweisen zu unterdrücken2 3.
Erhöhtes Risiko für Burnout:
Besonders bei autistischen Menschen kann Masking zu Burnout führen. Die ständige Anstrengung, sich anzupassen, kann zu Erschöpfung und Überlastung führen2.
Verschlechterung der psychischen Gesundheit:
Das Verbergen von Emotionen und das Unterdrücken von Selbstausdruck können zu einer Ansammlung von ungelösten Gefühlen führen. Dies kann zu Angst, Depression und anderen psychischen Problemen führen3 4.
Verlust der Identität:
Masking kann dazu führen, dass sich die Person von ihrer wahren Identität entfremdet. Sie könnte das Gefühl haben, sich selbst zu verraten und sich isoliert zu fühlen4.
Zeitaufwand und soziale Anstrengung:
Die ständige Anpassung und das Verbergen von Verhaltensweisen erfordern viel Zeit und Energie. Dies kann zu zusätzlichem Stress führen4.
Es ist wichtig zu beachten, dass Masking individuell erlebt wird, und nicht alle Menschen die gleichen Auswirkungen erfahren. Einige Menschen empfinden es als hilfreich, während es für andere sehr belastend sein kann. Die Unterstützung von Fachleuten und die Förderung der Selbstakzeptanz sind wichtige Aspekte bei der Bewältigung der Auswirkungen von Masking auf die psychische Gesundheit2 3.
Quelle(n)
1. What Is Masking in Mental Health? - Verywell Mind
2. What is Masking? | Charlie Health
3. Masking: What Is It and Why Do Neurodivergent People Do It?
4. Psychosocial, biological, and immunological risks for children and ...
5. Long-term consequences of COVID-19 on mental health and the impact of a ...
Strategien zur Selbstakzeptanz
Selbstakzeptanz ist ein wichtiger Prozess, um sich selbst in seiner Gesamtheit zu akzeptieren, einschließlich der Stärken und Schwächen. Hier sind einige Strategien und Übungen, die dir bei der Entwicklung von Selbstakzeptanz helfen können:
Strukturiere deine negativen Gedanken um:
Schreibe deine negativen Gedanken auf und hinterfrage sie. Oft basieren sie nicht auf Fakten, sondern auf Ängsten oder alten Mustern1.
Fokussiere dich auf deine positiven Eigenschaften:
Erstelle eine Liste deiner positiven Eigenschaften und Erfolge. Halte diese Liste zur Hand, um dich daran zu erinnern, wenn du dich schlecht fühlst2.
Akzeptiere deine Fehler und Schwächen:
Niemand ist perfekt. Akzeptiere, dass Fehler und Schwächen zum Menschsein gehören und dass sie dich nicht weniger wertvoll machen3.
Sei gnädig mit dir selbst:
Behandle dich selbst mit derselben Freundlichkeit und Nachsicht, die du anderen entgegenbringst2.
Verbringe Zeit mit Menschen, die dich unterstützen:
Umgebe dich mit Menschen, die dich positiv beeinflussen und dich so akzeptieren, wie du bist2.
Übe Dankbarkeit:
Schätze die guten Dinge in deinem Leben und sei dankbar für das, was du hast2.
Verwende positive Affirmationen:
Wiederhole positive Sätze über dich selbst, um dein Selbstbild zu stärken2.
Entwickle ein Growth-Mindset:
Sieh Schwächen als Wachstumschancen und nutze deine Stärken aktiv, um dein Leben zu gestalten1.
Denke daran, dass Selbstakzeptanz ein kontinuierlicher Prozess ist. Pflege deinen "Garten" der Selbstakzeptanz regelmäßig, indem du diese Übungen praktizierst und dich bewusst mit dir selbst auseinandersetzt1 2 3.
Quelle(n)
1. Selbstakzeptanz lernen: 8 Übungen für mehr Selbstannahme - Mentalwohl
2. Selbstliebe lernen: Eine Anleitung zur Selbstakzeptanz
3. Selbstannahme lernen - 13 Übungen & Tipps zur Selbstakzeptanz - CleverMemo
4. Selbstakzeptanz: Lerne dich zu akzeptieren (mit der 3-Stufen Methode)
5. Selbstakzeptanz: Inspirationen und Übungen - Inge Schumacher
Strategie um Grenzen zu setzen

Das Setzen von Grenzen ist eine wichtige Fähigkeit, um die eigene psychische Gesundheit zu schützen und ein gesundes Gleichgewicht in Beziehungen und sozialen Interaktionen zu wahren. Hier sind einige Strategien, um Grenzen zu setzen:
Selbstreflexion:
Nimm dir Zeit, um darüber nachzudenken, welche Bereiche in deinem Leben oder in deinen Beziehungen deine Grenzen verletzen. Welche Verhaltensweisen oder Situationen machen dich unwohl oder überfordern dich? Identifiziere diese Bereiche, um gezielt Grenzen zu setzen.
Klarheit über deine Bedürfnisse:
Verstehe deine eigenen Bedürfnisse und Prioritäten. Was ist für dich wichtig? Welche Werte und Überzeugungen möchtest du schützen? Wenn du deine Bedürfnisse kennst, kannst du besser entscheiden, wo du Grenzen setzen möchtest.
Kommunikation:
Sei offen und ehrlich in der Kommunikation mit anderen. Teile deine Grenzen klar und respektvoll mit. Vermeide es, dich zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Du hast das Recht, deine Grenzen zu setzen, ohne eine ausführliche Erklärung abgeben zu müssen.
Lerne "Nein" zu sagen:
Es ist in Ordnung, "Nein" zu sagen, wenn du etwas nicht möchtest oder nicht kannst. Übe, diese einfache Antwort zu verwenden, ohne dich schuldig zu fühlen.
Beobachte deine körperlichen Reaktionen:
Achte auf körperliche Anzeichen von Stress oder Unwohlsein, wenn deine Grenzen überschritten werden. Dies kann dir helfen, rechtzeitig zu reagieren und deine Grenzen zu schützen.
Setze klare Konsequenzen:
Wenn jemand deine Grenzen wiederholt missachtet, überlege dir im Voraus, welche Konsequenzen du ziehen möchtest. Das kann bedeuten, Abstand zu nehmen, eine Beziehung zu beenden oder bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr zu tolerieren.
Selbstfürsorge:
Denke daran, dass das Setzen von Grenzen ein Akt der Selbstfürsorge ist. Es ist wichtig, auf dich selbst zu achten und deine eigenen Bedürfnisse zu respektieren.
Grenzen zu setzen erfordert Übung und Selbstbewusstsein. Es ist eine wichtige Fähigkeit, um deine psychische Gesundheit zu schützen und ein erfülltes Leben zu führen.
Sehr zutreffende Beschreibung von Masking